Grenzkataster vs. Grundsteuerkataster

Der Grenzkataster dient dem verbindlichen Nachweis der Grundstücksgrenzen. Sind die Grundstücke bereits im Grenzkataster enthalten, gelten daher die eingetragenen „Papiergrenzen“. Zahlreiche Grundstücke in Österreich sind jedoch noch nicht im verbindlichen Grenzkataster, sondern im Grundsteuerkataster enthalten. Für sie gelten andere Regelungen: Insbesondere sind die im Grundsteuerkataster eingetragenen „Papiergrenzen“ an sich nicht verbindlich. Kommt es diesbezüglich zu Grenzstreitigkeiten, können die Grenzen im zivilgerichtlichen Verfahren berichtigt bzw. festgelegt werden. Die folgenden Ausführungen gelten ausschließlich für noch nicht im Grenzkataster eingetragene Grundstücke.

Auftreten von Grenzstreitigkeiten

Sind sich die Nachbarn über den Verlauf der Grundstücksgrenzen nicht einig, ist der Grenzverlauf strittig oder zweifelhaft. Grenzstreitigkeiten können beispielsweise im Rahmen der Vermessung und Neuvermarkung eines Grundstücks in den Grenzkataster auftreten. In diesem Fall verweist die Vermessungsbehörde die Partei, die einen abweichenden Grenzverlauf behauptet, auf das zivilgerichtliche Verfahren. Das Verfahren muss innerhalb von sechs Wochen nach Rechtskraft der Entscheidung der Vermessungsbehörde eingeleitet werden.

Außerstreitverfahren oder streitiges Gerichtsverfahren

Zur Festlegung der Grenze kommen zwei unterschiedliche gerichtliche Verfahren in Frage: Das außerstreitige oder das streitige Verfahren. Im Außerstreitverfahren wird die Grenze nach dem letzten ruhigen Besitzstand oder nach billigem Ermessen festgesetzt. Wird hingegen die Feststellung eines bestimmten Grenzverlaufs begehrt, weil dieser der „richtige“ im Sinne von rechtmäßige sei, muss der streitige Rechtsweg gewählt werden. Wird eine Klage auf Grenzberichtigung eingebracht, kann das Gericht das Klagebegehren in einen Außerstreitantrag umdeuten.

Antragstellung und Kostentragung

Anträge im Außerstreit- bzw. Klagen im streitigen Zivilverfahren auf Grenzberichtigung können die (Mit-)eigentümer der aneinander angrenzenden Grundstücke einbringen. Im streitigen Verfahren sind alle Miteigentümer eines Grundstücks Streitgenossen. Sie können die Klage als solche nur gemeinsam einbringen. Im Außerstreitverfahren können wohl auch einzelne Miteigentümer einen Antrag auf Grenzberichtigung stellen. Zu beachten sind die Kostenfolgen im Außerstreitverfahren: Grundsätzlich sind die Kosten des Verfahrens auf die Nachbarn verhältnismäßig aufzuteilen. Hat eine Partei das Verfahren durch Störung des ruhigen Besitzes veranlasst, kann der anderen Partei Ersatz für die Verfahrenskosten zugesprochen werden. War die Einleitung des Verfahrens nicht notwendig, muss der Antragsteller die Kosten des Verfahrens allein übernehmen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn sich alle übrigen Nachbarn rechtzeitig zu einer außergerichtlichen Vermarkung bereit erklärt haben.

Festlegung des Grenzverlaufs nach dem letzten ruhigen Besitzstand

Im Außerstreitverfahren wird die Grenze primär nach dem letzten ruhigen Besitzstand festgelegt. Letzter ruhiger Besitz ist ein durch einige Zeit unangefochtener, echter, körperlicher Besitz. Es kommt nicht auf darauf an, ob der Besitz rechtmäßig oder redlich war. Der letzte ruhige Besitz ergibt sich primär aus dem Nachweis der Bewirtschaftung. Typische Arten der Ausübung des Sachbesitzes an unbeweglichen Sachen sind: das Betreten, das Befahren, das Einzäunen, das Bezeichnen oder Bearbeiten. Kann der Richter den letzten ruhigen Besitzstand nicht feststellen, wird die streitige Fläche nach billigem Ermessen aufgeteilt.

Feststellung des rechtmäßigen Grenzverlaufs im streitigen Verfahren

Im streitigen Verfahren muss der Kläger, im Gegensatz zum außerstreitigen Verfahren, den „richtigen“ Grenzverlauf behaupten und beweisen. Außerdem muss er nachweisen, dass die strittige Fläche Teil seiner Liegenschaft ist oder durch Vertrag, Überbau oder Ersitzung an ihn gelangt ist. Nach der Rechtsprechung ist der Verlauf der Naturgrenze entscheidend. Dieser kann etwa anhand von unbedenklichen objektiven Grenzzeichen (z.B. Grenzsteine, Metallmarken, Grenzpflöcke) bestimmt werden. Auch vom Menschen errichtete oder landschaftliche Markierungen wie Mauern, Zäune, Bäume, Böschungskanten können zur Bestimmung der Naturgrenze dienen. Allerdings ist nicht jede in der Natur bestehende Begrenzung eine Naturgrenze in diesem Sinn. Maßgebend ist der zur Zeit der Grundbuchsanlegung in der Natur bestehende oder seither rechtswirksam in der Natur veränderte Grenzverlauf. Die im Grundsteuerkataster ausgewiesene „Papiergrenze“ reicht nicht als Beweis der „richtigen“ Grenze aus. Sie ist ein Beweismittel wie jedes andere, dessen Beweiskraft der Richter nach freier Überzeugung zu beurteilen hat.

Verfahrensausgang

Die Entscheidung im Außerstreitverfahren kann mit Rekurs angefochten werden. Rekurse gegen zweitinstanzliche Entscheidungen im Grenzverfahren außer Streitsachen sind nicht möglich. Hat der Richter die Grenze im Außerstreitverfahren mit Beschluss bestimmt, nimmt er die Vermarkung der berichtigten Grenze vor. Den Parteien steht es frei, ihr besseres Recht im Prozessweg geltend zu machen. Ist ein Verfahren zur Neuanlegung bzw. Umwandlung in den Grenzkataster anhängig, kann die Klage nur innerhalb von sechs Wochen nach rechtskräftiger Beendigung des Außerstreitverfahrens eingebracht werden. Im streitigen Zivilverfahren wird der rechtmäßige Grenzverlauf festgestellt. Kann die klagende Partei ihr besseres Recht nicht beweisen, muss die Grenze im Außerstreitverfahren festgesetzt werden bzw. verbleibt es bei einem bereits im Außerstreitverfahren festgelegten Grenzverlauf.

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