Erben kann in Österreich, wer rechtsfähig und dem Erblasser gegenüber nicht erbunwürdig ist. Die Erbunwürdigkeit ist im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) geregelt. Erben sind erbunwürdig, wenn ein Erbunwürdigkeitsgrund im Verhältnis zum Erblasser vorliegt. Der Ausschluss vom Erbrecht gilt grundsätzlich auch für das Pflichtteilsrecht und Vermächtnisse. Eine Anordnung des Erblassers ist nicht Voraussetzung für die Erbunwürdigkeit. Sie kommt aufgrund gesetzlicher Vorschriften zur Anwendung.

Absolute vs. relative Erbunwürdigkeit

Bestimmte, gesetzlich aufgezählte Verfehlungen, machen absolut erbunwürdig. Bei Vorliegen eines absoluten Erbunwürdigkeitsgrundes liegt jedenfalls Erbunwürdigkeit vor. Im Gegensatz zur absoluten Erbunwürdigkeit führt das Vorliegen von einem relativen Erbunwürdigkeitsgrund nicht jedenfalls zur Erbunwürdigkeit. Nur wenn der Verstorbene aufgrund fehlender Testierfähigkeit, Unkenntnis vom Fehlverhalten oder sonstigen Gründen nicht mehr in der Lage war eine Enterbung vorzunehmen, kommt es zum Verlust der Erbfähigkeit.

Erbunwürdigkeit aufgrund einer Straftat

Zu den absoluten Erbunwürdigkeitsgründen zählen unter anderem qualifizierte Straftaten gegen den Erblasser oder die Verlassenschaft. Die Straftat führt zur Erbunwürdigkeit, wenn es sich um eine Vorsatztat mit mehr als einjähriger Strafdrohung handelt. Erfasst sind beispielsweise vorsätzliche Tötungs- und Körperverletzungsdelikte, schwere Beleidigungen sowie Verleumdung gegen den Erblasser oder Unterschlagung zulasten der Verlassenschaft. Vorsatztaten mit mehr als einjähriger Strafdrohung gegen Partner oder Verwandte in gerader Linie des Erblassers führen zu relativer Erbunwürdigkeit.

Berücksichtigung des Familienprivilegs

Die Begehung von bestimmten Straftaten gegen Familienangehörige wird nach § 166 StGB weniger streng bestraft. Die Privilegierung kommt insbesondere bei Vermögensdelikten gegen Verwandte zur Anwendung. Die begünstigte Begehung im Familienkreis kann dazu führen, dass Erbunwürdigkeit trotz Begehung einer schweren Straftat nicht vorliegt. Der OGH hat sich vor kurzem damit beschäftigt, ob und wann die Begünstigung nach § 166 StGB bei Straftaten gegen die Verlassenschaft zu beachten ist. Demnach tritt Erbunwürdigkeit aufgrund einer gerichtlich strafbaren Handlung gegen die Verlassenschaft nur ein, wenn die Tatbegehung zum unmittelbaren Nachteil des Erblassers trotz Berücksichtigung des Familienprivilegs zu Erbunwürdigkeit führen würde.

Sonstige Erbunwürdigkeitsgründe

Ziel der erbrechtlichen Regelungen ist die Verwirklichung des wahren Willens des Erblassers. Wer absichtlich die Verwirklichung dieses wahren Willens zu vereiteln versucht, ist deshalb absolut erbunwürdig. Erfasst sind Testamentfälschung, Unterdrückung letztwilliger Verfügungen oder das Verhindern des Testierens. Will die Person durch ihre Handlung aber den wahren Willen des Erblassers zum Durchbruch verhelfen, ist sie nicht erbunwürdig.

Relativ erbunwürdig ist, wer dem Verstorben in verwerflicher Weise schweres seelisches Leid zugefügt oder die Pflichten zwischen Eltern und Kindern gröblich vernachlässigt hat. Zur verwerflichen Zufügung schweren seelischen Leids zählen beispielsweise Psychoterror, Imstichlassen in der Not und intensive Kränkung. Als gröbliche Vernachlässigung der Pflichten zwischen Eltern und Kindern versteht die Rechtsprechung zum Beispiel die grundlose Ablehnung von Kontakt oder die gröbliche Verletzung von Unterhaltpflichten.

Enterbung

Im Gegensatz zur Erbunwürdigkeit, die kraft Gesetzes eintritt, erfolgt die Enterbung aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers. Grundsätzlich kann jede Person in einem Testament frei bestimmen, wer ihre Erben sein sollen. Ehegatten, eingetragene Partner und Kinder des Erblassers haben aber Anspruch auf einen gesetzlichen Pflichtteil. Unter Enterbung versteht man die Entziehung des Pflichtteils mittels letztwilliger Verfügung. Die Enterbung kann ausdrücklich, aber auch stillschweigend durch Übergehen erfolgen. Sie ist nur dann wirksam, wenn ein sogenannter Enterbungsgrund vorliegt. Unter gewissen Voraussetzungen gibt es auch die Möglichkeit den Pflichtteil zu mindern.

Enterbungsgründe

Die Erbunwürdigkeitsgründe sind auch Enterbungsgründe. Hat der Erblasser noch zu Lebzeiten von einem Erbunwürdigkeitsgrund Kenntnis erlangt, kann er die betreffende Person enterben. Darüber hinaus zählen zu den Enterbungsgründen auch die Verletzung von ehelichen Beistandspflichten oder die Verurteilung zu einer 20-jährigen oder lebenslangen Freiheitsstrafe. Beim Enterbungsgrund der Begehung von qualifizierten Straftaten gegen Angehörige des Erblassers, ist der Kreis der Angehörigen weiter als beim entsprechenden Erbunwürdigkeitsgrund. Ein besonderer Enterbungsgrund ist die sogenannte Enterbung in guter Absicht: Danach kann der Pflichtteil einem besonders verschwenderischen oder verschuldeten Berechtigten entzogen werden und gleich an dessen Nachkommen gehen.

Minderung des Pflichtteilsanspruchs

Besteht schon lange Zeit kein Naheverhältnis mehr mit einer pflichtteilsberechtigten Person, kann der Pflichtteil um die Hälfte gemindert werden. Ist der Erblasser selbst für den Kontaktabbruch oder das gänzliche Fehlen eines Naheverhältnisses verantwortlich, ist eine Pflichtteilsminderung nicht möglich.

Verzeihung

Der Erblasser kann die Erbunwürdigkeit beseitigen, indem er dem Erben verzeiht. Die Verzeihung kann ausdrücklich oder schlüssig erfolgen. Weiß der Erblasser vom Fehlverhalten und bedenkt den Erben trotzdem letztwillig, gilt das als schlüssiges Verzeihen. Testierfähigkeit ist nicht erforderlich. Eine Enterbung kann demgegenüber grundsätzlich nur durch ausdrücklichen oder schlüssigen Widerruf beseitigt werden. Verzeihung kann die Enterbung nur beseitigen, wenn der Erblasser aufgrund fehlender Testierfähigkeit die letztwillig verfügte Enterbung nicht mehr zurücknehmen kann.

Folgen von Erbunwürdigkeit und Enterbung

Erbunwürdigkeitsgründe können im Verlassenschaftsverfahren von Amts wegen oder von jeder berechtigten Person geltend gemacht werden. Nach Einantwortung kann die Erbschaftsklage gegen den erbunwürdigen Scheinerben eingebracht werden.

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